Autohaus Branchenkompass 2022

Bindung durch Verbindung

Kundenfokussierung

Kundenbetreuung in Segment II und III beginnt weit vor dem Kauf. Wichtig ist vor allem eine starke Handelsmarke.

Der automobile Handel steht vor einem fundamentalen Wandel. Vermutlich der größte, den es je in der Geschichte des Autohandels gab. Was am Ende sein wird, weiß heute noch kein Mensch. Zumindest nicht zu 100 Prozent. Fakt ist jedoch, dass wir es aktuell mit mindestens fünf Faktoren zu tun haben, die die Situation im Autohandel maßgeblich beeinflussen.

1. Digitalisierung: Digitalisierung hat zu einem erheblichen Wandel im Verkaufsprozess geführt, der noch lange nicht am Ende ist. War der Verkaufsprozess und der damit verbundene Salesfunnel geprägt von klassischer Werbung, die den Kunden in ein Autohaus lockt, um eine Probefahrt zu machen und dann den Kaufabschluss zu tätigen, findet heute fast alles dazu digital statt – bis hin zum direkten Kauf übers Internet. Die Digitalisierung macht aber auch vor unserem Service nicht halt.

2. E-Mobilität: Wer hätte vor zwei Jahren wirklich daran geglaubt, mit welcher Geschwindigkeit das Thema E-Mobilität in den Markt rennt? Schneller als manchem lieb ist, wird die E-Mobilität einen massiven Einfluss auf das wichtige, ertrag-reiche Aftersales-Geschäft haben. Auch hier gehen die Meinungen von Marktforschern weit auseinander. Von 6 % bis minus 55 % im Aftersales bis zum Jahr 2035 schwanken hier die Zahlen. Fakt ist: Es wird immer weniger Werkstattbesuche geben.

3. Verändertes Kundenverhalten: Das veränderte Kundenverhalten ist direkt mit dem Thema Digitalisierung verknüpft. Der Kunde von heute kommt voll informiert und ganz gezielt in ein Autohaus (wenn er überhaupt noch kommt), denn er hat sich im Vorfeld über alle relevanten digitalen Medien informiert. Und dem Retargeting sei Dank: Einmal bei einer digitalen Plattform auf ein Fahrzeugangebot geklickt, bekommt der User ab da auf all seinen Kanälen, auf denen er aktiv ist, die unterschiedlichsten Angebote aus-gespielt. Sollte er dann einmal auf ein Angebot reagieren, dann erwartet er Feed-back innerhalb von Minuten.

4. Direktvertrieb: Dass der Direktvertrieb kommt, bzw. schon da ist, ist unbestritten. In welcher Ausprägung sich dies letztlich ergeben wird, ist nur zum Teil klar. Fakt ist jedoch: Wenn der Kunde beim Hersteller kauft und damit die Kundendaten dem Hersteller gehören, und der Handel eine Provision als Auslieferer er-hält, wird der Run auf diese Kunden von allen Seiten befeuert, damit man wenigstens den Serviceumsatz für sich einstreichen kann. Und dies dann möglichst für eine lange Zeit

5. Corona und Lieferprobleme: Die Pandemie – vor allem in 2020 – und die teilweise damit verbundenen, massiven Lieferprobleme bei Neuwagen haben zwei Auswirkungen für den Handel:

  • Weniger Neuwagen-Verkäufe belasten einerseits unsere Umsatzergebnisse,
  • andererseits werden uns diese fehlen-den Verkäufe mittelfristig auch unser Werkstatt-Ergebnis verhageln. Beispiel: Das Autohaus X verkauft durch die Pandemie im Jahr 2020 200 Neufahrzeuge weniger und in 2021 durch die Lieferprobleme 400 Neufahrzeuge weniger. Dann bedeutet das einen spürbaren Umsatzeinbruch p. a. für das wichtige Servicegeschäft in den nächsten Jahren:
  • Bei Wartung, p. a.: 189.000 Euro weniger (600 Fahrzeuge x 315 Wartung laut DAT Report 2020)
  • Bei Reparatur, p. a.: 728.400 Euro weniger (600 Fahrzeuge x durchschnittlich 1.214 Euro, laut Statista 2019) Auch wenn das jetzt anhand einer Beispielkalkulation „über den Daumen“ gerechnet wurde, stimmt das doch nachdenklich. Nehmen Sie Ihre tatsächlichen Verkäufe und Einbußen und rechnen Sie das für sich hoch. Dann wissen Sie ziemlich genau, was die Uhr schlägt.

»Das Autohaus von morgen muss als starke Marke mit einem unverwechselbaren Image und deutlichen Differenzierungs-Merkmalen zum Wettbewerb auftreten.«

Michael Ruppert, Snook

Starkes Markenimage zählt

Warum soll ein Kunde bei Ihnen die von Ihnen vertriebene Marke kaufen und nicht beim Wettbewerb zwei Straßen weiter? Warum soll er sich für Ihren Betrieb entscheiden, wenn es um die anstehenden Werkstatt-Termine für sein Fahrzeug geht? Auch da gibt es ja genügend Alter-nativen. „Na ja, weil wir der beste Markenhändler weit und breit sind“, höre ich Sie sagen. „Und außerdem wurde unser Service schon mehrmals ausgezeichnet.“ Das mag ja alles sein. Aber wissen das auch Ihre Kunden, vor allem Ihre potenziellen Kunden? Und obendrein: Der Wettbewerb behauptet von sich exakt das gleiche. Die Zauberformel lautet „Wettbewerbsdifferenzierung durch ein starkes Markenimage“. Was hat das mit Kundenbindung zu tun? Eine ganze Menge. Denn wenn wir all die Faktoren nehmen, die es aktuell schon gibt und die in den nächsten Jahren noch auf den automobilen Handel zukommen, dann ist eines klar: Wer aus seinem Handelsbetrieb keine eigenständige, starke Marke gemacht hat, wird austauschbar – und potenzielle Kunden haben ihn gar nicht mehr auf dem Schirm. Entscheidend bei der Marke:

  • Im Markenkern verankerte Werte, die gelebt und von den Kunden gespürt wer-den
  • Markenimage, das weit über die Grenzen des Marktverantwortungsgebietes hinaus bekannt ist und Alleinstellungsmerkmale für sich beanspruchen kann
  • Differenzierung zum Wettbewerb für alle Kunden und potenziellen Kunden

Kundenbindung durch Verbundenheit

Kundenbindung muss Chefsache sein. Zumindest muss sie vorgelebt werden und nicht als leere Worthülse durch den Betrieb schwirren. Im Prinzip eine Selbstverständlichkeit. In der Praxis leider eine Seltenheit. Kundenbindung funktioniert am besten über die Verbundenheit eines Kunden mit Ihrem Autohaus. Nicht nur, weil diese Kunden mit Ihren Leistungen und Services hoch zufrieden sind. Der angenehme Nebeneffekt ist, dass die Wiederkaufsrate bei begeisterten Kunden im Handel bei 58 Prozent liegt, die Weiterempfehlung sogar bei 70 Prozent. Es lohnt sich also mehrfach, Kunden nicht nur zu-frieden zu stellen, sondern eine echte Verbundenheit herzustellen.

Segment-III-Kunden sind keine Kunden zweiter Klasse

Wenn über Segment-III-Fahrzeuge gesprochen wird, dann klingt das nur allzu oft so, als ob das uralte Rostlauben sind, die keinen Pfifferling mehr wert sind. Wozu brauchen die noch einen Service von einer Vertragswerkstatt? Nur mal zu Erinnerung: Ein Segment-III-Fahrzeug ist Baujahr 2015, hat durchschnittlich 78.000 Kilometer auf dem Tacho und steht meist da wie eine eins. Von diesem Segment (Bj. 2012 bis 2015) fahren aktuell 11.139.980 Fahrzeuge auf bundesdeutschen Straßen. In Werkstattumsatz gerechnet sind das Summen, bei denen einem schwindelig wird:

  • Bei Wartung, p. a.: 3.509.093.700 Euro (600 Fahrzeuge x 315 Euro Wartung laut DAT-Report 2020)
  • Bei Reparatur, p. a.: 13.523.935.270,00 Euro (600 Fahrzeuge x durchschnittlich 1.214,00 Euro, laut Statista 2019) Bei all diesen anstehenden Verändeungen und großen Zahlen muss uns ei-nes klar werden: Der Handel muss sich zukünftig mehr denn je noch stärker auf den einzelnen Kunden konzentrieren, und jedem Kunden zum richtigen Zeitpunkt genau diejenige Service-und Werkstattleistung anbieten, die dieser genau in diesem Moment benötigt. Er muss Kundenbindung – über alle Segmente hinweg – leben. Aus sich heraus. Aus tiefster Überzeugung.

Michael Ruppert

Der Autor
Michael Ruppert, Jahrgang 1963, ist Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter der Snook Group, zu der die Snook Frankfurt GmbH und die Snook digital Frankfurt GmbH gehören. Gegründet 1992, ist das Unternehmen spezialisiert auf Automotive Aftersales Marketing und Sparten übergreifendes, ganzheitliches Marketing für den automobilen Handel.

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Michael Ruppert,
Founder & Managing Partner

+49 163 897 7911
michael@snook.de

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